Stifte der Zuversicht

Stifte der Zuversicht: Damit Flüchtlingskinder in Syrien nicht vergessen werden

„Auf lasst uns spielen, lasst uns lernen“ hat die Deutsche Gabriele Conrad-Hamzé das Projekt für syrische Flüchtlingskinder in Era bei Soueida genannt.

Seit 2016 organisiert sie die Arbeit zusammen mit ihrem Mann Chafiq Hamzé. Engagierte Lehrerinnen und Ehrenamtliche aus der Umgebung von Soueida kümmern sich in einem ehemaligen Umweltzentrum um mehr als hundert Kinder. Die Kinder bekommen dort eine warme Mahlzeit, können spielen und werden soweit wie möglich auch unterrichtet. Keines der Kinder hat bisher eine Schule von innen gesehen. Deswegen gehört es zu den großen Erfolgen des Projektes, wenn es wieder ein Kind geschafft hat, in einer staatlichen Schule aufgenommen zu werden. 

Fokus Nahost unterstützt die Kinder in dem Flüchtlingslager von Era – egal welcher Ethnie oder Religionsgemeinschaft sie angehören. Die Geschichte von Nihaia, einer alleinstehenden Frau in dem Camp, die acht Kinder versorgen muss, zeigt, wie übergroß die Not ist.

Die Bleistifte, die wir Ihnen gerne gegen eine Spende überreichen, sollen daran erinnern, dass es in Syrien Familien und Kinder gibt, die von der Welt vergessen werden. Sie haben keine Zukunft, weil sich niemand ihrer unerträglich schlechten Situation annimmt.

Für internationale Hilfsorganisationen ist das Flüchtlingslager bei Era zu klein, als dass es sich lohnen würde, die nötigen Hilfsstrukturen aufzubauen. Fokus Nahost möchte diese Lücke schließen. Wir bitten bewusst für solche kleinen Projekte wie in Era um Spenden und leiten sie direkt an die Verantwortlichen vor Ort weiter. So hilft jeder Euro.

Warum die geflüchteten Menschen in Era dringend auf Hilfe angewiesen sind, erfahren Sie in diesem Video direkt von Gabriele Conrad-Hamzé.

Gerne schicken wir Ihnen Bleistifte und Flyer zu dem Projekt zu. Bitte schicken Sie dafür eine Email an martina.waiblinger@t-online.de

Wir freuen uns, wenn Sie in Ihrem Freundes- und Bekanntenkreis auf die Situation von Kindern in den Flüchtlingslagern in Syrien aufmerksam machen und um Spenden für dieses Projekt werben.


Mehr zu dem Projekt

Kinder leiden besonders unter einer Flucht und ihren Folgen. Viele sind traumatisiert. Wie ihre Eltern leiden sie unter der Armut und den katastrophalen Zuständen in einem Flüchtlingslager. Hinzukommt, dass sie oft jahrelang nicht mehr in die Schule gehen können oder gar nicht erst eingeschult werden. Ohne Bildung werden sie es aber kaum schaffen, sich eine bessere Zukunft aufzubauen.

In dem Projekt von Gabriele und Shafiq Hamzé werden Flüchtlingskinder durch spielerisches Lernen auf eine Einschulung vorbereitet. In dem Gebäude, welches das Ehepaar vor vielen Jahren als Umweltzentrum errichtet hat und wo vor dem Krieg Projekte zum Natur- und Umweltschutz für Kinder und Jugendliche aus Soueida angeboten wurden, bekommen heute rund hundert Kinder an drei Tagen in der Woche eine breit gefächerte soziale Betreuung. Vier engagierte Lehrerinnen unterrichten fünf Stunden lang die Kinder im Grundschulalter. In einem weiteren Raum gestaltet eine Erzieherin ein Programm für Kleinkinder. Zusätzlich kommen regelmäßig zwei ehrenamtliche Erzieherinnen, die eine spezielle Ausbildung für kriegsgeschädigte Kinder haben.

Die Morgengymnastik gehört genauso zu den Ritualen der Schule wie das gemeinsame Essen, das für die zum Teil unterernährten Kinder sehr wichtig ist. Auch können die Kinder sich dort waschen – und im Winter aufwärmen. Einmal in der Woche führen die Pädagoginnen ein Puppenspiel auf, mit dem wichtige Themen und Fragen zum guten Miteinander angesprochen werden. Die Kinder gehen begeistert auf solche Angebote ein.

Gerne würden auch andere Kinder aus dem Lager in das Zentrum kommen. Viele von ihnen müssen aber mit ihren Eltern in den Gemüsefeldern der Umgebung arbeiten, weil die Familie auf den Lohn angewiesen ist.

Fokus Nahost unterstützt die Arbeit von Gabriele und Shafiq Hamzé seit längerem. Mit unseren Spenden konnten u.a. Care-Pakete mit Hygieneartikeln und Lebensmittel für alle Familien in dem Lager finanziert werden. Für die Kinder konnten Kleidung und Stiefel angeschafft und neue Decken gekauft werden. Spenden werden aber auch gebraucht für Medikamente, welche die Geflüchteten dringend brauchen, sich aber nicht leisten können. In dem Zentrum sollen die Kinder auch lernen, wie man einen Garten selbst bewirtschaftet. Deswegen werden auch Spenden für den Einkauf von Samen und Gartenutensilien gebraucht.


Nihaia – Schicksal einer Flüchtlingsfrau 

Nihaia lebt seit fast fünf Jahren im Flüchtlingscamp von Era. Sie ist Anfang 40 und kommt wie die meisten Menschen in dem Lager aus einfachsten bäuerlichen Verhältnissen. 2017 flüchtete sie mit ihren fünf Kindern aus dem Landkreis Hassake im Norden Syriens in das Zeltlager am Dorfrand von Era in der Nähe von Soueida. Von ihrem Mann hatte sie lange nichts mehr gehört. Später bekam sie die Nachricht, dass er im Gefängnis verstorben sei.

Gemeinsam mit einer größeren Gruppe von Flüchtenden war sie nach Era gegangen. Einer ihrer Brüder wäre ebenfalls gerne mit seiner Familie mitgegangen. Er musste aber bleiben, weil seine Frau dafür zu krank war. Als Nihaia hörte, dass ihre Schwägerin nicht mehr in der Lage war, die Kinder zu versorgen, machte sie sich auf den schwierigen Weg zu ihrem Bruder zurück nach Hassake und holte seine drei Kinder zu sich nach Era. Nun lebt sie in einem schäbigen Zelt mit acht Kindern zwischen sechs und zwölf Jahren. Durch die mühsame Arbeit auf den nahen Gemüsefeldern versorgt sie die große Familie. Außerdem ist sie als Reinigungskraft in dem Zentrum tätig. Hier wird – vor allem während der Wintermonate – voller Einsatz verlangt. Denn wenn die Kinder aus dem Lager ankommen, müssen erst einmal alle Gummistiefel vom vielen Schlamm gereinigt werden. Auch müssen immer wieder Entlausungs-Aktionen durchgeführt werden.

Nihaia packt gerne mit an. Sie ist die Verbindungsfrau zwischen Camp und Schule. Über sie erfährt das Ehepaar Hamzé wesentliche Dinge für die Betreuungsarbeit. Sie beklage sich nie, sagt Gabriele Hamzé über Nihaia, und immer habe sie ein zuversichtliches „Alhamdullelah“ (Gott sei gelobt!) auf den Lippen.


Das Flüchtlingslager von Era

In dem kleinen Flüchtlingscamp leben knapp 80 Familien bzw. rund 500 Personen. In den zusammengeschusterten Zelten ist es im Winter viel zu kalt und im Sommer viel zu heiß. Das Zeltlager wurde am westlichen Ortsrand auf einem Acker errichtet. Der Besitzer verlangt von den Geflüchteten pro Zelt Miete. Das Dorf stellt nur Wasser zur Verfügung – mehr nicht. Für den Bürgermeister und die Behörden gelten die Menschen in dem Lager entweder als asozial oder als Anhänger des Islamischen Staates. Beides ist falsch.

Die Menschen, die ab 2016 in die Gegend von Soueida geflohen sind, gehören zu einer bäuerlichen, seit jeher unterprivilegierten Schicht im Norden Syriens. Schon vor dem Krieg hatten sie – klimawandelbedingt – unter der seit Jahren in der Region anhaltenden Dürre gelitten. Die Armut war immer größer geworden. Dann kamen der Krieg und die Gräueltaten des Islamischen Staats (IS) dazu. Schließlich flohen sie in den Süden Syriens, eine fruchtbare Gegend, in der Hoffnung, auf den Gemüsefeldern rund um Soueida Arbeit zu finden.

Die Geflüchteten in Era stammen zum Großteil aus Hassake und Qamishli im Norden und sind Aramäer, Kurden, Araber oder Armenier, darunter auch Christen. Außerdem sind aus Deir-ez Zor im Norden vor allem sunnitische Muslime in die Gegend um Soueida gekommen, die wiederum drusisch-christlich geprägt ist. Momentan sieht es nicht so aus, als könnten die Geflüchteten in absehbarer Zeit wieder zurückkehren. Ihre Häuser wurden zum Großteil zerstört.


Syrien

Syrien galt bis 2011 als eines der stabileren Länder im Nahen Osten, in denen es sich zumindest wirtschaftlich gesehen relativ gut leben ließ. Heute steht Syrien für die „größte humanitäre Krise unserer Zeit“ (UN-Flüchtlingshochkommissar Filippo Grandi). Nach Angaben des UNO-Flüchtlingswerks UNHCR hat der seit 2011 andauernde Syrienkrieg mehr als 13 Millionen Menschen zur Flucht gezwungen. Viele sind in die Nachbarländer oder ins westliche Ausland geflohen. Doch noch immer leben mehr als sechs Millionen Syrerinnen und Syrer als Geflüchtete im eigenen Land. Von ihnen hört man in den internationalen Medien kaum etwas.

Auch wenn die kriegerischen Auseinandersetzungen in Syrien mittlerweile nachgelassen haben, ist die Situation im Land nach wie vor katastrophal. Die galoppierende Inflation hat dazu geführt, dass auch der gut situierte Mittelstand verarmt. Lebensmittel und Treibstoff sind, wenn überhaupt, nur in viel zu geringen Mengen zu bekommen und dann zu Preisen, die sich viele nicht mehr leisten können. Vor allem Flüchtlingskinder zeigen mittlerweile Anzeichen von Unterernährung.


Lesetipps:

Mehr über Syrien, seine kulturelle Vielfalt und den Krieg können Sie in dem von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) 2020 herausgegebenen Syrien-Heft nachlesen. Dort erzählt auch unsere Partnerin Gabriele Hamzé in einem langen Interview, wie stark der Krieg Syrien verändert hat und wie sehr sie selbst mit ihrer Familie davon betroffen ist. („Das Syrien, das wir einmal kannten, ist verloren gegangen“, S. 14ff)

In dem Heft schreibt außerdem Katja Dorothea Buck, Vorsitzende von Fokus Nahost, über den Krieg in Syrien und die Situation der Christen in dem Land. 

https://www.ekd.de/ekd_de/ds_doc/reminiszere_2020_syrien.pdf

Im November 2021 hat die Konrad-Adenauer-Stiftung einen Länderbericht zum Thema „10 Jahre ‚Arabischer Frühling‘ – 10 Jahre Krieg in Syrien“ veröffentlicht. Die AutorInnen Gregor Jaecke und  Michaela Balluff gehen darin der Frage nach, wie aus Bevölkerungsproteste ein globaler Stellvertreterkrieg werden konnte.

www.kas.de/de/laenderberichte/detail/-/content/10-jahre-arabischer-fruehling-10-jahre-krieg-in-syrien