Neue Täschchen aus Damaskus eingetroffen

50 Täschchen mit den bunten Kreuzsticharbeiten der Fraueninitiative „Hook and Thread“ in Damaskus sind unlängst in Deutschland eingetroffen. In nur wenigen Tagen haben fast alle interessierte AbnehmerInnen gefunden. Die Nachbestellung ist bereits in Auftrag gegeben.

Heike Breitenstein von Fokus Nahost hat Mitte Oktober Mary Jarjour, die Initiatorin der Fraueninitiative „Hook and Thread“ bei deren Tochter in Düsseldorf getroffen und sich erzählen lassen, wie mühsam es manchmal ist, bis die Stickereien fertig gestellt sind und nach Deutschland gebracht werden.

Heike über ihr Treffen mit Mary Jarjour im Oktober 2023

Mitte Oktober habe ich unsere Projektpartnerin Mary Jarjour in Düsseldorf getroffen. Wenige Tage nach dem 7. Oktober war für mich jeder Blick in den Nahen Osten schmerzhaft. Seit Jahren schon gab es so wenig hoffnungsvolle Entwicklungen im Libanon oder in Syrien. „Eigentlich wird alles immer nur schlimmer“, denke ich manchmal resigniert. Gerade angesichts von Terror- und Kriegsnachrichten hat mich die persönliche Begegnung mit Mary aber berührt, bewegt und begeistert. 

Während sie bei ihrer Tochter in Deutschland zu Besuch ist, ist sie fast pausenlos am Sticken, kontaktiert die Frauen von Hook and Thread in Damaskus und die verschiedenen Projektpartner:innen im Ausland. „Sie macht keine Pause von Hook and Thread“, meint ihre Tochter schmunzelnd. Wenn Mary von den Frauen erzählt leuchten ihre Augen. Durch Hook and Thread bekommen sie etwas Geld für Lebensmittel, Medikamente oder die Ausbildung ihrer Kinder. Mary organisiert aber auch gemeinschaftliche Aktionen, Treffen und Austausch unter den Frauen. Und sie ist persönlich mit ihnen im Kontakt, hört ihnen zu und unterstützt sie. Einzelne Frauen von den Anfängen von Hook&Thread sind inzwischen im Ausland und Mary erzählt begeistert, wie Hook&Thread sie inspiriert hat, sich nun selbst, in ihren neuen Gemeinschaften einzubringen.

Dass Mary überhaupt noch in Damaskus ist, ist alles andere als selbstverständlich. Ihre Tochter hat in England studiert und promoviert und hat Syrien noch vor dem Krieg verlassen. Sie erzählt mir, wie sie während des Krieges versucht hat, ihre Mutter zu überzeugen, das Land zu verlassen. Aber Mary wollte nicht gehen, sie wollte bleiben. „Mir war klar, jetzt gibt es etwas zu tun. Die Frauen brauchen mich – da konnte ich doch nicht einfach das Land verlassen“, erzählt sie.

Mary ist geblieben und macht weiter, auch wenn die Bedingungen alles andere als einfach sind. Die Materialien für die Stickereien werden immer teurer. Der Schneider, der die bestickten Stoffe zusammengenäht und mit einem Reißverschluss versehen hat, war in die USA gereist. Völlig unklar, ob und wann er zurückkommen würde. In Marys Keller haben sich die unfertigen Kunstwerke der Frauen angesammelt. Als wir sie von Fokus Nahost angefragt haben, ob wir für die Adventszeit wieder Täschchen bekommen könnten, sah es zunächst nicht gut aus. Doch es kam anders! Und dank Marys Organisationstalent haben sich die Täschchen doch noch auf eine abenteuerliche Reise gemacht.

Der Schneider war aus den USA zurück. Zwar war Mary da schon bei ihrer Tochter in Deutschland, aber sie konnte ihn auch aus der Ferne instruieren und nach einigem Hin- und Her hat er die richtigen Täschchen gefunden und fertig gestellt. Aber würden es die Täschchen noch rechtzeitig nach Beirut schaffen? Dort wollte sie eine Freundin von Fokus Nahost, die nach Deutschland fliegt, in Empfang nehmen. Auch das konnte Mary last minute alles einfädeln, denn ihre Nachbarin musste in der Woche des Fluges für einen Termin nach Beirut. So konnten wir sie mit unserer Kontaktperson in Beirut in Verbindung setzen und tatsächlich sind die Täschchen Mitte Oktober in Tübingen angekommen.

Marys unermüdliches Engagement trotz vieler Schwierigkeiten ist für mich eine große Inspiration. Wenn ich auf die Stickereien schaue, sind sie für mich gerade in diesen Wochen ein kleiner Schimmer von Freude und Hoffnung aus Syrien.

„Mehr als ein paar Kreuzstiche“

Mit dem Projekt „Mehr als ein paar Kreuzstiche“ unterstützt Fokus Nahost schon seit einigen Jahren die Fraueninitiative „Hook and Thread“. Weil das Interesse an den Täschchen so groß ist und sie wieder einmal sofort vergriffen waren, haben wir Mary Jarjour und die Frauen in Damaskus gebeten, weitere Täschchen auf den Weg zu bringen. Fokus Nahost gibt die Täschchen gegen Spende ab, wobei sich die Summe ungefähr am Kosten- und Zeitaufwand der Frauen orientieren sollte. Wir informieren, sobald wir neue Täschchen bekommen haben.

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